Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG
Aufgrund EU-rechtlicher Bedenken wurde die Anwendung der Sanierungsklausel nach § 8c Abs. 1a KStG ausgesetzt. Der EuGH entschied jedoch am 28. Juni 2018, dass es sich bei der Sanierungsklausel nicht um eine EU-rechtswidrige Beihilfe handelt. Mit dem Jahressteuergesetz 2018 wurde deshalb geregelt, dass die Sanierungsklausel rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31. Dezember 2007 zur Anwendung kommt.
Allgemeines
Grundsätzlich gehen steuerliche Verlustvorträge bei Anteilsveräußerungen nicht unter. Eine Ausnahme gilt bei sog. schädlichen Beteiligungserwerben. Ein solcher liegt vor, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25% des gezeichneten Kapitals einer Körperschaft übertragen werden.
Bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste sind vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren ein Beteiligungserwerb von mehr als 50 % vorliegt.
Nach § 8c Abs. 1a KStG ist ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft jedoch unbeachtlich. Der Gesetzgeber definiert die Sanierung als eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.
Erfüllt ein Beteiligungserwerb die Voraussetzungen der Sanierungsklausel, bleibt er bei der Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG unberücksichtigt. Der Beteiligungserwerb löst dann weder einen vollständigen Verlustuntergang aus, noch ist er mit anderen innerhalb der Fünfjahresfrist des § 8c Abs. 1 KStG erfolgten Anteilserwerben zusammenzurechnen.
Die Sanierungsklausel ist auf jeden Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c Abs. 1 KStG anwendbar, d. h. sie kommt dem Grunde nach auch bei einem Anteilserwerb gleichgestellten Sachverhalten und bei Kapitalerhöhungen zur Anwendung.
Voraussetzungen
Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Sanierungsklausel ist, dass der Anteilserwerb zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Körperschaft zumindest droht oder bereits eingetreten ist.
Im Zweifelsfall ist nachzuweisen, dass es bereits vor dem Beteiligungserwerb zu Zahlungsstockungen oder Finanzierungsschwierigkeiten gekommen ist. Kann die Kapitalgesellschaft den erforderlichen Kreditbedarf am Kapitalmarkt ohne Sicherheiten von dritter Seite nicht mehr finanzieren, so ist von einer Krise im vorstehenden Sinne auszugehen. Die Stellung eines Insolvenzantrags ist nicht erforderlich.
Die Erstellung eines Sanierungsplans nach den Vorgaben des IDW indiziert eine derartige Sanierung, ist aber nicht zwingend erforderlich. Es ist ggfs. ausreichend, wenn die Körperschaft die konkreten Maßnahmen darlegt, die die Sanierung herbeiführen sollen.
Einen durch den erwerbenden Gesellschafter eigenen Finanzierungsbeitrag (Geld- oder Sachleistung) stellt keine Voraussetzung dar.
Des Weiteren kann die Sanierungsklausel nur Anwendung finden, wenn die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn mindestens eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist.
- Die Körperschaft befolgt eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung, oder die maßgebende Lohnsumme wird nicht unterschritten, oder der Körperschaft führt innerhalb von 12 Monaten nach dem Beteiligungserwerb durch Einlagen Betriebsvermögen in einer gesetzlich bestimmten Mindesthöhe zu. Die Mindesthöhe beträgt 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres enthaltenen Aktivvermögens.
Keine Sanierung liegt vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs bereits im Wesentlichen eingestellt hat. Ob eine Einstellung im Wesentlichen gegeben ist, ist einzelfallbezogen zu prüfen.
Maßnahmen der Sanierung
Im sachlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb müssen zudem Maßnahmen erfolgen, die auf die Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft gerichtet sind und mit dem Anteilserwerb im Zusammenhang stehen.
Unter Maßnahmen sind sämtliche Handlungen zu verstehen, die auf die Verhinderung oder Abwendung der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ausgerichtet sind. Hierunter fallen sämtliche Aktivitäten, die die Eignung zur Sanierung haben. Dies können auch Maßnahmen zur Kostenreduzierung, Umstrukturierung der geschäftlichen Tätigkeit sowie die Erschließung von Finanzierungsquellen sein.
Fristen
Ein Erwerb zum Zweck der Sanierung liegt grundsätzlich nicht mehr vor, wenn die Sanierungsmaßnahme erst ergriffen wird, wenn nach Anteilserwerb mehr als ein Jahr vergangen ist.
Sofern innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel erfolgt, liegt ebenfalls keine Sanierung vor.
In beiden Fällen gehen bei Nichteinhaltung der Frist die bis zum Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste rückwirkend unter.
Anwendung
Die Sanierungsklausel ist rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31. Dezember 2007 anzuwenden.
Unabhängig von der zuvor erläuterten Sanierungsklausel ist bei einem Beteiligungserwerb grundlegend zu prüfen, ob dieser Auswirkungen auf den steuerlichen Verlustvortrag hat. Gerne unterstützen wir Sie bei der Beurteilung.