Anzeigepflichten grenzüberschreitender Aktivitäten
Die Anzeigepflichten grenzüberschreitender Aktivitäten werden laufend erweitert. Während die Abgabenordnung bereits in ihre §§ 138 ff. AO die Anzeigepflichten deutscher Unternehmen bei der Beteiligung an ausländischen Gesellschaften normiert, arbeitet der Gesetzgeber derzeit an der weiteren Umsetzung des EU-Rechts. Durch die EU DAC-6-Richtlinie, die als Konsequenz auf die Veröffentlichung der „Panama Papers“ und der „Paradise Papers“ in Kraft getreten ist, soll die Transparenz bei grenzüberschreitenden Handlungen noch weiter verbessert werden und den Steuerbehörden noch mehr Informationen für rechtzeitige Reaktionen zur Verfügung stehen.
Hintergrund
In § 138 Abs. 2 AO normiert der Gesetzgeber verschiedene Meldepflichten eines inländischen Steuerpflichtigen, der Aktivitäten im Ausland entfaltet. Diese Pflichten gelten dabei sowohl für natürliche als auch juristische Personen sowie Personengesellschaften. Zweck der Regelung ist, die zutreffende Besteuerung ausländischer Einkünfte in Deutschland sicherzustellen, die erst dann möglich ist, wenn die Verwaltung von einer Verbindung mit dem Ausland vollständige Kenntnis erlangt.
Meldepflichten im Detail
Der Gesetzgeber führt in der o.g. Vorschrift abschließend vier Sachverhalte auf, die zur verpflichtenden Abgabe einer Mitteilung an das zuständige Finanzamt führen. Mit Schreiben vom 5. Februar 2018 hat das BMF die unter die Regelung fallenden Sachverhalte erörtert. Meldungen müssen demnach in folgenden Fällen erfolgen:
1. Gründung oder Erwerb eines Betriebs oder einer Betriebsstätte
Nach § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO besteht die Anzeigepflicht bei der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Ausland. Nach der allgemeinen Auffassung fällt auch die Verlagerung eines Betriebs oder einer Betriebsstätte aus dem Inland in das Ausland oder aus dem Ausland in einen anderen ausländischen Staat unter die Regelung. Die Größe des Betriebs spielt bei der Anzeigepflicht keine Rolle.
2. Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft
§ 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO normiert die Meldepflicht bei Beteiligung eines inländischen Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft. Diese Pflicht erstreckt sich auf sämtliche Beteiligungen und ist nicht etwa von dem Überschreiten bestimmter Mindestbeteiligungsquoten abhängig. Unter den Begriff der Personengesellschaft fallen dabei alle Gesellschaften, die nach deutschem Recht als Personengesellschaft gelten würden.
3. Erwerb von Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft
Die dritte Meldepflicht aus § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO gilt beim Erwerb von Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. v. § 2 Nr. 1 KStG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat. Als zusätzliche Voraussetzung gilt bei diesem Anteilserwerb, dass eine Mindestbeteiligung erreicht sein muss. Demnach gilt die Meldepflicht nur, wenn der Steuerpflichtige mit 10% oder mehr beteiligt ist. Alternativ ergibt sich eine Meldepflicht, wenn die Anschaffungskosten aller bestehenden Beteiligungen mehr als 150.000 EUR betragen haben. Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen sind dabei zusammengefasst zu betrachten.
Die Meldepflicht entsteht sobald die Mindestbeteiligung erreicht wird. Tritt zu einer alten Beteiligung ein neuer Anteil, mit dem die Mindestbeteiligungsgrenze überschritten wird, muss eine Meldung erfolgen.
4. Meldung bei Gesellschaften in Drittstaaten
Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz wurde der § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO eingefügt. Mitzuteilen ist hiernach, wenn ein inländischer Steuerpflichtiger allein oder zusammen mit nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Drittstaaten-Gesellschaft ausüben kann. Zusätzlich sind bei diesen Gesellschaften die Aufbewahrungspflichten des § 147a Abs. 2 AO zu beachten.
Fristen und Form der Meldung
Für Vorgänge ab dem 1. Januar 2018 muss die Meldung mit Abgabe der Steuererklärung für das Vorgangsjahr erfolgen, spätestens aber 14 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem einer der o.g. Vorgänge verwirklicht wurde. Eine Aufforderung des Finanzamts ist nicht erforderlich. Vorgänge ab dem 1. Januar 2018 sind auf elektronischem Wege nach amtlichen Datensatz zu übermitteln. Mit Schreiben vom 21. Mai 2019 hat das Bundesministerium der Finanzen den geänderten Vordruck bekannt gegeben. Der Verstoß gegen die Anzeigepflicht nach § 138 Abs. 2 AO gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Ausblick
Nach Veröffentlichung der „Panama Papers“ sowie der „Paradise Papers“ in 2016 und 2017 wurde die internationale Notwendigkeit nach mehr Transparenz immer deutlicher. Infolgedessen hat der ECOFIN-Rat im März 2018 die Einführung einer „EU-Anzeigepflicht für Intermediäre“ bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungsmodellen beschlossen. Ziel dieser Anzeigepflicht ist es, „potenziell aggressive“ grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle rechtzeitig zu identifizieren, um den Steuerbehörden verbesserte Reaktionsmöglichkeiten zu bieten. Nachdem bereits Maßnahmen zum automatischen Informationsaustausch von Steuerbehörden eingeführt wurden, sollen nun auch grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle angezeigt werden. Nachdem die entsprechende EU-Richtlinie in Kraft getreten ist, sind die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, diese bis zum 31. Dezember 2019 in nationales Recht zu übernehmen. Hiernach sind die nationalen Vorschriften ab dem 1. Juli 2020 anzuwenden. Hierbei ist zu beachten, dass Steuergestaltungsmodelle, die zwischen dem 25. Juni 2018 und 1. Juli 2020 geschlossen wurden, bereits in die Meldepflicht fallen. Eine entsprechende Erklärung ist bis zum 31. August 2020 zu erteilen.
Seit Januar 2019 kursiert ein inoffizieller Referentenentwurf des BMF, der aufgrund der darin geplanten Ausweitung der Anzeigepflicht auch auf nationale Steuergestaltungen kritisiert wird. Wie die Richtlinie tatsächlich in nationales Recht umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Sollten Sie im vergangenen oder laufenden Jahr einen der o.g. Sachverhalte verwirklicht haben, so ist mit der Abgabe der Steuererklärung für das Kalenderjahr die Anzeige darüber beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung der entsprechenden Meldungen und beraten bzgl. steuerlicher Gestaltungen.