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Berichtigung eines Verwaltungsakts wegen offenbarer Unrichtigkeit gem. § 129 AO

Nach § 129 AO kann das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Steuerbescheids unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Dabei versteht man unter ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten rein mechanische Versehen wie Eingabe- oder Übertragungsfehler, bei denen die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist. Fehler bei der Auslegung einer Rechtsnorm oder mangelnde Sachverhaltsaufklärung schließen dagegen eine Berichtigung aus. Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass eine offenbare Unrichtigkeit gem. § 129 AO selbst dann vorliegt, wenn bei der manuellen Erfassung und beim einscannen der Erklärung dem Finanzamt ein Fehler unterläuft und dieser trotz Prüf- und Risikohinweise durch das Risikomanagement nicht aufgedeckt wird.  

Das FG Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 16. Februar 2017 über einen Streitfall entscheiden, in dem eine Papiererklärung eingereicht wurde, die Einkünfte aus selbstständiger (Ehemann) und nichtselbstständiger Arbeit (Ehefrau) enthielt. Die Erklärung wurde vom Finanzamt erfasst und gescannt. Nach der Erfassung ging im Veranlagungsbezirk eine Hinweismitteilung mit Prüf- und Risiko-Hinweisen ein. Die Hinweise wurden von der Bearbeiterin abgearbeitet. Die Einkünfte des Ehemanns aus selbstständiger Tätigkeit fanden aber keine Berücksichtigung, so dass eine Einkommensteuererstattung ausgezahlt wurde. Später änderte das Finanzamt den Bescheid nach § 129 AO.

Das FG kam zu dem Ergebnis, dass die Nichtberücksichtigung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit einen offensichtlichen Erfassungsfehler darstellt. Eine andere Würdigung komme auch nicht aufgrund der Bearbeitung der Hinweise in Betracht. Für jeden unvoreingenommenen Dritten ist bei Einsichtnahme in die Steuerakten ersichtlich, dass im Steuerbescheid die von den Klägern erklärten selbständigen Einkünfte ohne erkennbaren Grund nicht erfasst sind. Nach Auffassung des FG hätte zwar eine sorgfältige Bearbeitung des Steuerfalls aufgrund der Prüf- und Risikohinweise eine Überprüfung zwischen den erklärten Einkünften und den eingescannten Einkünften erfordert, weil dann die Abweichung aufgefallen wäre. Da aber trotz der Prüfhinweise davon ausgegangen wurde, dass die selbständigen Einkünfte auch erfasst worden sind, beruhe die Nichtberücksichtigung der selbständigen Einkünfte nicht auf einem Rechtsanwendungsfehler aufgrund mangelhafter Sachverhaltsaufklärung, sondern auf einer bloßen Unachtsamkeit. Auf ein Verschulden des Sachbearbeiters kommt es hierbei nicht an. Die Annahme einer mangelnden Sachaufklärung wäre nach Auffassung des FG erst im Falle eines ausdrücklichen Hinweises auf im Vorjahr erfasste Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder auf die Höhe des Erstattungsbetrages gerechtfertigt (solche Hinweise lagen nicht vor).

Das FG hat die Revision im Hinblick auf die ungeklärten Fragen im Spannungsfeld zwischen der elektronischen Erfassung von Steuererklärungen sowie der administrativen Vorgaben durch das Risikomanagement-System der Finanzverwaltung einerseits und dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 88 AO sowie seiner Bedeutung im Rahmen des § 129 Satz 1 AO andererseits zugelassen (Az. des BFH: VIII R 4/17).