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BFH zur Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

§ 240 Abs. 1 Satz 1 AO besagt, dass für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1% des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu zahlen ist, sofern die Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages geleistet wurde. Hierbei ist auf den nächsten durch 50€ dividierbaren Betrag abzurunden.

Ausgangssituation

Das Finanzamt erließ auf Antrag eines Steuerpflichtigen am 25. Oktober 2022 einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer sowie zum Solidaritätszuschlag 2020 und zum vierten Quartal aus 2021 in Höhe von insgesamt 2.482,00 €. Eine diesem Bescheid vorausgegangene Steuerfestsetzung führte zu einer Nachzahlung. Daraufhin legte der Antragsteller Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid ein und stellte einen Antrag zur Aussetzung der Vollziehung des Säumniszuschlags. Die Einspruchsbegründung beruhte auf mehreren Revisionsverfahren des BFH, welche zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen anhängig seien. Im Zuge dessen stellte das Finanzamt das Einspruchsverfahren ruhend, lehnte jedoch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 4. Januar 2023 ab.

Begründung

Der BFH sah die Beschwerde als unbegründet an, da der § 240 Abs. 1 Satz 1 AO weder gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoße.

Bereits in vorangegangenen Urteilen des BFH (Urteil v. 23.08.2022 – VII R 21/21 und Urteil v. 15.11.2022 – VII R 55720) wurde entschieden, dass auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau gegen den in § 240 Abs. 1 Satz 1 AO festgelegten Betrag des Säumniszuschlags keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Im Speziellen verstoße weder die Höhe des Säumniszuschlages gegen das Übermaßverbot, noch lasse sich den genannten Urteilen zufolge die vom BVerfG mit Beschluss vom 8. Juli 2021 herausgearbeiteten Grundsätze, nach denen die Verzinsung von Steuererstattungen & -nachforderungen nach §§ 233a, 238 AO in Höhe von 0,5% pro Monat mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, auf den Säumniszuschlag übertragen.

Anmerkungen zum Urteil

Mit dem X. Senat des BFH kann nun ein weiterer BFH-Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe von Säumniszuschlägen trotz eines strukturellen Niedrigzinsniveaus erkennen. Richter des Senats, Prof. Dr. Gregor Nöcker begründet dies durch den fehlenden systematischen Zusammenhang zwischen Zinsen gemäß §$ 233 ff. AO und den Säumniszuschlägen gemäß des § 240 AO.

Säumniszuschläge seien demnach ein Druckmittel eigener Art zur Durchsetzung fälliger Steuern und erfüllten eine „primär strafende Funktion“. Demgegenüber sei die Verzinsung nur Nebenzweck. Schon deshalb könne die Höhe des Zinsanteils nicht dazu führen, dass Säumniszuschläge verfassungswidrig sind.

Sollten Sie weitere Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an.